20 % für die AfD? Bei uns in Schlangen? - Ein Appell von Patrick Kissner, Vorsitzender der Jusos Schlangen
20 % für die AfD? Bei uns in Schlangen? - Ein Appell von Patrick Kissner, Vorsitzender der Jusos Schlangen
Rückblickend ist vieles immer leichter. Wir wissen, was wir falsch gemacht haben und erkennen unsere Fehler. Wir erkennen unsere Potenziale, die wir aber warum auch immer nicht optimal genutzt haben. Wir finden Gründe für den Wahlerfolg von Parteien, die wir nicht in den Parlamenten haben wollen und warum es uns nicht gelang, die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen. Könnten wir doch nur gleich mit dem Wissen aus dem Wahlergebnis Wahlkampf machen und uns damit viel Ärger ersparen. Hier unterscheidet sich die politische Arbeit nicht vom normalen Leben, in dem es rückblickend auch viel einfacher ist.
Politik fängt vor Ort an
Gerne reden wir dann über Ursachen, die in der „großen“ Politik liegen, in Düsseldorf, Berlin oder – das ist ja auch immer sehr beliebt – in Brüssel. Das hat dann ja auch immer den Vorteil, das man sich zum einen selber keiner Schuld eingestehen muss und die anderen sich nicht währen können. Dieser Weg ist jedoch falsch. Politik fängt immer im Lokalen, vor Ort an, bei uns in Schlangen. Als Parteimitglied mit Funktion in der Partei und als Ratsmitglied sage ich also auch selbstbewusst „es gibt nicht die „große Politik. Denn das würde heißen, das wir in der Kommunalpolitik die „kleine“ Politik sind, wodurch sich alle, die ehrenamtlich politisch aktiv sind, unnötig klein machen.
Was wir auf der kommunalen Ebene aber ohne Zweifel sind, das sind die ersten Ansprechpartner. Wir sind die, die ihre Ohren nah an der Bevölkerung haben und Probleme, Sorgen und Nöte in die Partei tragen. Wir sind es, die den Blick auf das Kleine vor Ort haben und dann innerhalb der Partei dafür sorgen können und sollen, dass es zu guten Beschlüssen kommt. Denn, auch wenn unsere Führungsspitze und die hauptamtliche Ebene Vorschläge erarbeiten und später die Beschlüsse umsetzen, es sind wir Parteimitglieder, die die Beschlüsse auf den Parteitagen fällen.
Warum hole ich nun so weit aus? Ich will zeigen, welchen Einfluss eine gute Parteiarbeit hat, wie wichtig sie ist und welcher Einfluss von der Basis, von der lokalen Ebene ausgeht – und allen Kritikern, die sagen, das von der Spitze alles entschieden werde, sei gesagt das es an der Basis liegt Rechte einzufordern und zu nutzen.
20 % für die AfD? Bei uns in Schlangen?
Wenn die Basis nun also einen großen Einfluss auf andere Ebenen hat, welchen Einfluss hat dann eine gute Parteiarbeit vor Ort auf die Wahlergebnisse? Meiner Meinung nach ist der Einfluss groß! Ich spreche nicht von Wahlergebnissen, die wesentlich besser sind, als die Ergebnisse auf Bundes-oder Landesebene, aber ich denke, dass schon Effekte messbar sind, auch wenn die jeweilige Situation im Ort zu berücksichtigen ist. Für uns als SPD wird es beispielsweise im Hochstift ab der Kreisebene immer schwierig sein, Erfolge zu feiern. Letztlich spiegelt das Ergebnis für die Landtags-und Bundestagswahlen damit dennoch auch wieder, wie aktiv oder eben inaktiv der Ortsverein ist. Sind wir auf dem Niveau der jeweiligen Ebene, war unser Wahlkampf genau so gut und wir sind in etwa genauso aktiv. Das ganze können wir dann auch entsprechend übertragen auf ein besseres oder eben ein schlechteres Ergebnis in Schlangen. Die Aktivitäten von uns Parteien vor Ort hat somit auch was damit zu tun, dass die AfD in der Gemeinde rund 11 % ! der Stimmen bekommen hat. Dieses Ergebnis ist für mich schockierend und auch für uns als Demokraten kann es nur das sein. Als wäre diese Zahl nicht hoch genug, wird die Situation mit Blick auf die beiden kleineren Ortsteile noch schlimmer. Immerhin hat die AfD in Oesterholz-Haustenbeck zwischen rund 16 % ! und fast 21 % !! bekommen. Auch in Kohlstädt, wo wir als SPD traditionell die besten Ergebnisse erzielen, hat die AfD rund 14 % bzw. 7 % bekommen. Diese Zahlen sind erschreckend, nicht zuletzt, weil wir eben nicht sagen können, dass Spätaussiedler bei uns im Ort die Hauptwählergruppe der AfD bilden. Die Zahlen mahnen uns, nicht nur als SPD, sondern als demokratische Parteien insgesamt, das wir aktiver werden müssen. Das heißt, auch außerhalb der Wahlkampfzeiten für die Menschen in Schlangen da und vor allem wahrnehmbar zu sein. Es reicht eben nicht, nur ein paar Wahlkampfstände zu haben, sich ab und zu mal bei Veranstaltungen sehen zu lassen, sondern eben regelmäßig präsent zu sein, die Menschen mitzunehmen und Entscheidungen transparent zu informieren. Ich schätze, das die Ergebnisse, die von der AfD bei uns in Schlangen erzielt wurden, zumindest auch zum Teil die Haltung gegenüber uns als örtliche Gliederungen der Parteien zeigen.
Die Wahlergebnisse können aber auch Chance sein
Das bedeutet natürlich Arbeit. Jedoch ist es auch eine Chance. Es ist die Chance, bislang wenig oder nicht aktive Mitglieder einzubinden. Es ist die Chance, neue Medien, Konzepte und Ideen umzusetzen. Es ist die Chance, die eigenen Strukturen zu überdenken und zu überarbeiten. Die Frage ist, ob wir diese Chancen nutzen wollen oder ob wir lieber in unseren Strukturen bleiben. Ich bin klar dafür, dass wir unsere Strukturen anpassen – es muss ja nicht immer eine große Umwälzung sein – und klar analysieren, woher diese große Zustimmung zur AfD kommt. In einem zweiten Schritt kann es dann nur darum gehen, die Ergebnisse umzusetzen und immer wieder kritisch zu prüfen. Was läuft gut und wo können wir noch besser werden? Wie werden wir in den Ortsteilen präsenter? Wie schaffen wir es, die Menschen in Schlangen besser mitzunehmen? Wo macht es Sinn, bei einzelnen Veranstaltungen mit allen Parteien in Schlangen zusammen für Toleranz und damit gegen die Ideen der AfD aufzutreten? Eine wie ich finde sehr interessante Frage, da ich nicht denke, dass wir uns als Parteien bereits mit den AfD-Ergebnissen auseinandergesetzt haben.
Das ist gewiss keine Arbeit, die innerhalb weniger Wochen geleistet ist. Es sind auch keine Fragen, wo wir als Demokraten leicht Antworten finden werden. Doch es sind Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müssen, wollen wir Parteien wie der AfD ihren Nährboden entziehen. Auch mir fallen sofort keine Antworten ein, das ist aber auch nicht mein Ziel, denn ich bin dafür, dass wir solche Antworten gemeinsam finden. Denn ein Problem ist letztlich nichts anderes als ein Geschenk. Ein Geschenk, das uns zeigt, das wir besser werden können, wenn wir den eine Lösung suchen. Somit ist ein Problem auch nur eine Lösung, die es zu finden gilt. Insofern kann ich an der Stelle nur einen Appell an alle Demokratinnen und Demokraten in Schlangen senden, mit oder ohne Parteibuch, daran mitzuarbeiten, das wir der AfD in Schlangen kein Potenzial geben.